Schramberger Auswärts

Sabine Kieninger und Uli Keller:
Seit zwei Jahren rund um die Welt


„Es ist ziemlich ungemütlich hier oben“, erzählt Sabine Kieninger via Skype am Computer und zieht den Reißverschluss ihrer Jacke hoch. Sie war den Nachmittag über mit ihrem Freund Uli Keller auf dem Franz-Josef-Gletscher im Süden Neuseelands, aber es hatte die ganze Zeit geregnet. Die beiden beschlossen, noch eine Nacht zu bleiben. Auf einem Fleckchen Erde neben einem Bachbett haben sie ihr Zelt aufgeschlagen. Per Internet berichtet der Rotschopf aus Waldmössingen von einer abenteuerlichen Weltumrundung.

Noch eine Tasse Tee und dann ins Zelt: Weltenbummlerin Sabine Kieninger in Neuseeland.
Noch eine Tasse Tee und dann ins Zelt: Weltenbummlerin Sabine Kieninger in Neuseeland.

Seit zwei Jahren touren die beiden nun schon von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent – und ein Ende ist nicht abzusehen: „Wir hatten schon lange vor, irgendwann mal auf Weltreise zu gehen“ erzählt Sabine. „Aber irgendwann ist ziemlich unbestimmt, und wer weiß schon was irgendwann später ist. Da haben wir uns gedacht, gehen wir jetzt auf Reisen, arbeiten können und müssen wir wahrscheinlich noch sehr lange.“ Die beiden hatten gute Jobs, Sabine Kieninger war die Assistentin des Geschäftsführers für Marketing und Vertrieb bei La Biostéthique, einer großen Marke für Luxuskosmetik. Die Aufstiegschancen bestens. Uli hatte eine Position im technischen Vertrieb eines namhaften Unternehmens der Hydraulikbranche.

Als Sabine Kieninger ihren Kolleginnen von ihrem Ausstiegsplan erzählte, fanden die meisten das gut. Und auch in Waldmössingen fanden es Freunde und Familie alle toll. „Meine Eltern hatten wohl schon lange erwartet, dass es mal so kommt. Ulis Eltern ebenfalls.“ Sie hätten früher selbst diese Möglichkeit nicht gehabt und deshalb gesagt, sie sollten sich die Welt anschauen und das Leben genießen.

Mit dem Rucksack unterwegs: Sabine und Uli während ihrer Weltreise in Neuseeland.
Mit dem Rucksack unterwegs: Sabine und Uli
während ihrer Weltreise in Neuseeland.
Ganz schön frech: Auf Bali klaut ein kleiner Affe Sabine eine Banane.
Ganz schön frech: Auf Bali klaut ein kleiner Affe
Sabine eine Banane.

Die Reise begann in Moskau: Mit der Transsibirischen Eisenbahn fuhren sie quer durch Russland bis Sibirien und die Mongolei bis nach China. Unterwegs in der Mongolei erlebten sie eines ihrer ersten Abenteuer: Bei einem 14-tägigen Zwischenstopp bei mongolischen Nomaden haben sie das normale Leben der Menschen in der Steppe miterlebt. Sie lernten, dass es ganz viele Regeln gibt, was man alles in einem Zelt nicht machen darf: „Man darf zum Beispiel nicht durch die Mitte des Zelts laufen und nicht mit den Fußsohlen auf andere zeigen.“ Wenn viele Leute im Zelt sind, dann werde es sehr schwer, diese Regeln auch einzuhalten. Besonders, als neben der Gastgeberfamilie und ihrer siebenköpfigen Reisegruppe noch eine zweite Gruppe Unterschlupf in dem Zelt suchte. Schließlich holte die Hirtenfamilie auch noch eine Babyziege in das Rundzelt, damit das Tier nicht erfriert.

Gut eingepackt: Auf Kamelen durch die Mongolei.
Gut eingepackt: Auf Kamelen durch die Mongolei.

Der Weg von einer glücklichen Kindheit und Jugend in Waldmössingen in ein mongolisches Nomadenzelt war weit: Sabine Kieninger ist in Schramberg geboren, in Waldmössingen mit zwei älteren Geschwistern aufgewachsen, hat dort die Grundschule besucht und dann in Schramberg am Gymnasium 2006 ihr Abitur gemacht. „Ich war in der Narrenzunft dabei, erst in der kleinen dann in der großen Garde.“ Sie hat im Turnverein Dunningen Geräteturnen betrieben, erst selbst aktiv, dann als Gruppenleiterin, hat Akkordeon gespielt, ist sehr gern geritten. Alles ganz normal eigentlich, bisauch das halbe Jahr in Neuseeland nach dem Abi gehört ja heute schon fast zum Ausbildungsprogramm für junge Frauen.

Ihren Uli hat Sabine Kieninger beim Sport getroffen. Als aktive Geräteturnerin war sie beim Landesturnfest 2006 in Heidelberg, Uli spielte aktiv Faustball: „…und da haben wir uns kennengelernt.“ So einfach geht’s manchmal.

Sabine und Uli mit Tiger in Thailand.
Sabine und Uli mit Tiger in Thailand.

Nach dem Abi und Neuseeland folgte ein Duales Studium in Stuttgart und bei der Kosmetikfirma in Pforzheim, bei der Kieninger auch bis 2014 gearbeitet hat. Während ihres Studiums lebte und arbeitete sie mehrere Monate in Madrid und verbrachte ein Auslandssemester in Qingdao, einer Millionenstadt zwischen Shanghai und Peking. Und so spricht Sabine Kieninger neben Englisch, Französisch und Spanisch „auch ein bisschen Mandarin“, wie sie bescheiden meint.

Hilfreich war das sicher auf der weiteren Reise durch Südostasien, das die beiden zu zweit auf einem Moped erkundeten. Dabei verirrten sie sich schon mal im Dschungel von Laos, begegneten Einheimischen abseits des Massentourismus und erlebten so manche amüsante Episode beim Grenz übertritt. Sie lernten Thailand, Laos, Kambodscha, Burma, die Philippinen, Singapur, Malaysia und Indonesien kennen, verbrachten drei Monate in der Südsee, bevor sie „nach aufregenden Zugfahrten bis nach Sumatra“ schließlich in Australien landeten.

Hier machen Sabine und Uli ganz neue Erfahrungen: Die ersten zwei Monate sind sie als Touristen durchs Land gereist, dann fanden sie Arbeit auf einer Farm im „Outback“. In ihrem Reiseblog erzählt Sabine: „Am Wochenende haben die Männer mit der Ernte der Kichererbsen begonnen. Uli fährt seitdem jeden Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang einen der großen Mähdrescher. Zwölf Meter Dreschbreite. In Deutschland würde man bei dieser Breite direkt das Feld des Nachbarn mit ernten.“

Schon einiges erlebt haben die beiden während ihrer Weltreise. Unter anderem eine Tour auf einen Vulkan der Vanuatu Inseln.
Schon einiges erlebt haben die beiden während ihrer Weltreise. Unter anderem eine Tour auf einen Vulkan der Vanuatu Inseln.

Mit dem Job auf der Farm bekamen sie einen viel besseren Einblick in die Kultur. „Anfangs dachten wir, hier ist alles sehr ähnlich wie in Deutschland.“ Beim täglichen Zusammenleben und -arbeiten hätten sie doch kleine, aber feine Unterschiede bemerkt. Etwa, wenn sie am Sonntag wie daheim Kuchen zum Frühstück aßen, seien sie etwas schräg angeschaut worden. So gab es viele kleine Dinge an denen die beiden Weltenbummler erkannten, dass sie nach neun Monaten im Land noch einiges lernen können.

Viel Neues erleben wollen die beiden in den nächsten Monaten oder vielleicht auch Jahren. Sie haben nur eine grobe Route im Kopf, erzählt Sabine: „Meistens planen wir nur ein bis zwei Wochen im Voraus, und so spontan buchen wir auch unseren nächsten Flug.“ Weil Freunde sie besuchen kommen, haben sie aber jetzt etwas konkretere Vorstellungen und werden nach der Zeit in Neuseeland über den Pazifik nach Hawaii und in die USA fliegen. Dann geht es weiter nach Mexiko, Kuba und anschließend nach Zentral- und Südamerika.

„Ohne Geld geht’s leider nicht, stimmt“, bedauert Sabine. Und außer den Monaten auf der australischen Farm hatten sie bisher keine Gelegenheit, ihre Reisekasse aufzufüllen. „Wir versuchen natürlich, so günstig wie möglich zu reisen. Da sind wir auch recht kreativ.“ Aber die beiden hatten vor dem Start ihres großen Reise abenteuers sehr gute Jobs und haben „jahrelang dafür gespart, damit wir uns unseren Traum erfüllen können.“

Schick im Businesskostüm: Als Assistentin eines Geschäftsführers bei La Biostéthique.
Schick im Businesskostüm: Als Assistentin eines Geschäftsführers bei La Biostéthique.

Doch irgendwann endet auch die längste Reise, wissen die beiden: „Wenn wir immer nach Osten fliegen, kommen wir automatisch irgendwann wieder in Deutschland an. Aber wann genau wissen wir noch nicht.“

Langsam kommt die Nacht, die beiden wollen am nächsten Tag noch vor Sonnenaufgang  aufstehen, wenn vielleicht noch keine Wolken am Himmel sind. Sabine Kieninger möchte  auflegen: „Wir werden jetzt wahrscheinlich nur noch einen Tee trinken und dann in unsere Schlafsäcke schlüpfen.“